Dienstag, 13. Dezember 2011

Der Superlativ von paradiesisch ist nicht am paradisischsten sondern Tami


Ich schreibe diesen Bericht im festlichen Schein von Kerzenlicht. Der Grund dafür ist nicht mein Wunsch nach weihnachtlicher Atmosphäre sondern die Stromversorgung in Papua-Neuguinea. Quasi das ganze Land ist von dem Strom aus einem Wasserkraftwerk abhängig. Sehr vorbildlich und umweltschonend  auf der einen Seite auf der anderen Seite ist das Kraftwerk ungefähr so zuverlässig wie ein Horoskop. Eigentlich gibt es jeden Tag Unterbrechungen in der Stromversorgung. Für die Büros haben wir deshalb, wie eigentlich alle Unternehmen, einen Generator, der mit Diesel angetrieben wird. Schade um die Nachhaltigkeit. Nach der Arbeit laden die Stromausfälle dann aber zur Gemütlichkeit ein.

In Finschhafen wo ich die letzten zwei Wochen verbracht habe gibt es solche Probleme nicht die ganze HounHalbinsel auf der Finschhafen liegt wird von einem Dieselkraftwerk versorgt. Gemütlich war es trotzdem.

Ich wurde gerufen um für das in Finschhafen gelegene Braun Memorial Hospital eine Website zu gestallten. Schöne Arbeit, sehr schöner Ort. Ich kann nur jedem wünschen, diesen Ort einmal zu sehen. Ich hatte glaube ich Madang schon paradiesisch genannt, aber ich glaube Finschhafen spielt in einer anderen Liga.
Während des zweiten Weltkriegs waren in Finschhafen große usamerikanische Militärbasen beheimatet. Eine Bombe, die in einen Flusslauf fiel erschuf einen Pool, in dessen kühlem Wasser man sich die durch das tropische Klima hervorgerufene Transpiranz abwaschen kann. Kokosnusspalmen gibt in so großer Zahl das die Menschen es leid sind das Fleisch einfach zu essen. Es wird lediglich das Wasser der jungen Kokosnüsse getrunken oder das Fleisch ausgescharbt und zu Kokosnussmilch gekockt. Hinter der Küste gibt es gleich einige Berge, von denen man einen unglaublichen Blick auf den Pazifik und die vorgelagerten Inseln hat.

Ich glaube das Braun ist eins der schönstgelegenen Krankenhäuser der Welt wenn ich Arzt wäre würde ich mich freuen dort zu arbeiten. Einige Ärzte und Schwestern waren aber trotz der schönen Landschaft während meiner nicht am Krankenhaus. Grund dafür ist die Sorge des Personals, das ein in der Provinzhauptstadt, Lae ausgebrochener Konflikt zwischen den ortsansässigen Menschen und den zugezogenen Hochländern. Die aus der MorobeProvinz kommenden Menschen machen die Menschen aus dem Hochland für die unsichere Lage in ihrer Stadt verantwortlich. Es kam zu einigen tötlichendenden Auseinandersetzungen. Als ich in Lae war wirkte, die Lage aber schon wieder recht ruhig. Auf den Straßen war wenig los und wir bewegten uns nur im Auto durch die Stadt, das war auch vor dem Aufbrechen des Konfliktes, die einzige sichere Art der Vortbewegung in der Hafenstadt.

Oh, Strom kommt wieder. Licht an, Kerzen aus. Puh, das war genug Atmosphäre.

Auch wenn die Lage ruhiger scheint ist das hochländische Personal des Krankenhaus bis jetzt nicht zurückgekehrt und wird wohl auch erst nach dem Weihnachtsurlaub zurückkommen. Die sieben Stationen des Krankenhaus werden derweil von der Hälfte des Personals bedient. Schien aber trotzdem zu laufen.

Von den sieben Stationen, des 1958 gegründeten Krankenhauses, ist eine für Männer, eine für Frauen, eine für Kinder, eine für Entbindung, zwei für Tuberkulose und eine zur Entlastung, falls einer der anderen Stationen die Betten ausgehen. Auf den Stationen, die nicht spezifisch für eine Krankheit sind liegen Patienten mit den unterschiedlichsten in einem 20BettenSaal. Es kann zum Beispiel ein Mann mit einem gebrochenem Arm neben einem mit einer Lungenentzündung und neben einem mit einer Geschlechtskrankheit liegen.
Für die Versorgung der Kranken sind die Familien verantwortlich. Auf dem Krankenhausgelände gibt es für die Angehörigen Möglichkeiten zu kochen, sich  zu waschen und zu schlafen. Die pflegende Familien sind verpflichtet sich neben ihren Lieben auch um das Gelände das Krankenhauses zu kümmern so wirkt es sehr gepflegt.

Ich wurde während meines Aufenthalts von Hannes und Sigrid, einer deutschen Ärztin und ihrem Mann sehr gut verpflegt. Sie genießen die schöne Landschaft in Finschhafen schon seit einigen Jahren, so erklärt sich vielleicht ihre Freundlichkeit. Auch Janneke habe ich wieder getroffen, sie hat für vier Monate auf der Kinderstation des Krankenhauses gearbeitet. Sie fährt, weil ihr Programm nur für vier Monat angelegt war, schon wieder nach Hause wenn ihr sie in Deutschland trefft seit nett zu ihr es ist sicher nicht leicht PNG zu verlassen.

In meinen Landschaftbeschreibungen gehen mir langsam die Superlative aus. Aber TamiIsland ist für mich noch eine Steigerung dessen was ich sonst in Finschhafen sah. Einfach unbeschreiblich. Eine kleine Inselgruppe, die sich wie auch das bergige Hinterland durch das tektonischbedingte Indiehöhewachsen von Koralenriffen entstand, und heute circa 400 Menschen beheimatet. Es gibt nicht wirklich viel um das man sich Sorgen kann. Die Fische springen quasi in den Mund. Ich hab die zwei Tage die wir auf kleinen Insel verbracht haben damit verbracht eine Sandburg zu bauen. Nach und nach habe ich dem Pazifik Land abgerungen und damit versucht der von Platz- und Nahrungsmangel bedrohten Bevölkerung etwas zu helfen.
 Es scheint als gäbe es auch an sorglosen Orten Sorgen.
Am Ende ist das Boot, das uns abholte über meine, auch künstlerisch sehr wertvolle, Befestigungsanlage gefahren. Vielleicht wusste der Fahrer einfach nicht wohin mit seiner Dankbarkeit.

Habt ihr mitbekommen, dass am 1.Dezember WeltAidsTag war? In Deutschland habe ich das nie so recht mitbekommen. In PNG war das groß. Schon eine Woche vorher waren an vielen Gebäuden Aidsschleifen zu sehen. Die offizielle Aidsrate in PNG ist zwar noch vergleichsweise niedrig. Die allgemeine Bereitschaft sich testen zu lassen ist aber relativ gering. Auf der Veranstaltung, die auf dem Sportfest des Braun stattfand, war außerdem die Rede von einem relativ sorglosen Sexleben und eine unvorstellbar hohe Zahl von Vergewaltigungen so das eine wesentlich höhere Ansteckungsrate vermutet werden muss.
Mit Spielen wurden vor allem Kinder über die Krankheit aufgeklärt. Verschiedene Gesundheitsorganisationen hatten ihre Zelte aufgeschlagen. Und weil alle versammelt waren wurde auch eine andere Schlechtigkeit behandelt. Zehn Verbrecher, die sich die Hände bei Raubüberfällen dreckig gemacht hatten, wurden nach Abgabe ihrer selbstgebauten Gewehre freigesprochen. Der Staat erkennt an, dass die ausweglose Situation in der diese Männer sich befanden, ihnen keine andere Wahl ließ. Für mich eine eigentlich sehr gute Sache, ich bin mir bloß nicht sicher um die Wege, die diesen Männern nach diesem Tag ausgeschildert wurden.


Nach zwei wirklich beeindruckenden Wochen in Finschhafen kam ich am Freitag nach Goroka zurück und ich kann sagen, dass sich das Einfahren entlang des Flugfeldes sich ähnlich anfühlt wie die Fahrt über die Elbbrücken. Es war ein schönes Nachhausekommen. Obwohl Rudolf, mit dem ich von Lae gekommen war, und ich relativ spät auf den Hof des MI rollten waren fast alle Kollegen da. Sie bereiteten das für den nächsten Tag anstehende Weihnachtsfest vor.
Rudolf und Cynthia hatten aus Dankbarkeit über die Unterstützung während Cynthias Krankheit ein Schwein zur Verfügung gestellt alle anderen bereiteten Beilagen vor. Als ich ankam lebte das Schwein noch. Wenig später war es schon unter der Erde, nicht um die letzte Ruhe zu finden sondern um von kochendheißen Steinen gegart zu werden. Ein Mumu. Bis in die frühen Morgenstunden hielten wir Wache an der steinigen Ruhestätte. Neben dem Schwein bargen wir auch Süßkartoffeln und Blattgemüse, ich fühlte mich wie Carter beim Ausheben einer bedeutenden Grabkammer.  
Das Fest war auch sehr schön. Die Tische gaben dem Gewicht der Speisen fast nach entschieden sich dann im Angesicht, der Schönheit dieser aber doch dazu die Zähne zusammen zu beißen. Ich habe keinen kleinen Magen und wenn es darum geht neues zu probieren kann ich beim Essen unglaubliche Kräfte entwickeln, aber ich habe es nicht geschafft alle Köstlichkeiten zu kosten.

Ich wünsche euch allen eine ähnlich üppige Weihnachtszeit und so viele liebe Menschen zum teilen.