Dienstag, 20. Dezember 2011
Dienstag, 13. Dezember 2011
Der Superlativ von paradiesisch ist nicht am paradisischsten sondern Tami
Ich schreibe diesen Bericht im festlichen Schein von Kerzenlicht. Der
Grund dafür ist nicht mein Wunsch nach weihnachtlicher Atmosphäre sondern die
Stromversorgung in Papua-Neuguinea. Quasi das ganze Land ist von dem Strom aus
einem Wasserkraftwerk abhängig. Sehr vorbildlich und umweltschonend auf der einen Seite auf der anderen Seite ist
das Kraftwerk ungefähr so zuverlässig wie ein Horoskop. Eigentlich gibt es
jeden Tag Unterbrechungen in der Stromversorgung. Für die Büros haben wir
deshalb, wie eigentlich alle Unternehmen, einen Generator, der mit Diesel
angetrieben wird. Schade um die Nachhaltigkeit. Nach der Arbeit laden die
Stromausfälle dann aber zur Gemütlichkeit ein.
In Finschhafen wo ich die letzten zwei Wochen verbracht habe gibt es
solche Probleme nicht die ganze HounHalbinsel auf der Finschhafen liegt wird
von einem Dieselkraftwerk versorgt. Gemütlich war es trotzdem.
Ich wurde gerufen um für das in Finschhafen gelegene Braun
Memorial Hospital eine Website zu gestallten. Schöne Arbeit, sehr schöner Ort.
Ich kann nur jedem wünschen, diesen Ort einmal zu sehen. Ich hatte glaube ich
Madang schon paradiesisch genannt, aber ich glaube Finschhafen spielt in einer
anderen Liga.
Während des zweiten Weltkriegs waren in Finschhafen große
usamerikanische Militärbasen beheimatet. Eine Bombe, die in einen Flusslauf
fiel erschuf einen Pool, in dessen kühlem Wasser man sich die durch das
tropische Klima hervorgerufene Transpiranz abwaschen kann. Kokosnusspalmen gibt
in so großer Zahl das die Menschen es leid sind das Fleisch einfach zu essen.
Es wird lediglich das Wasser der jungen Kokosnüsse getrunken oder das Fleisch
ausgescharbt und zu Kokosnussmilch gekockt. Hinter der Küste gibt es gleich
einige Berge, von denen man einen unglaublichen Blick auf den Pazifik und die
vorgelagerten Inseln hat.
Ich glaube das Braun ist eins der schönstgelegenen
Krankenhäuser der Welt wenn ich Arzt wäre würde ich mich freuen dort zu
arbeiten. Einige Ärzte und Schwestern waren aber trotz der schönen Landschaft
während meiner nicht am Krankenhaus. Grund dafür ist die Sorge des Personals,
das ein in der Provinzhauptstadt, Lae ausgebrochener Konflikt zwischen den
ortsansässigen Menschen und den zugezogenen Hochländern. Die aus der
MorobeProvinz kommenden Menschen machen die Menschen aus dem Hochland für die
unsichere Lage in ihrer Stadt verantwortlich. Es kam zu einigen tötlichendenden
Auseinandersetzungen. Als ich in Lae war wirkte, die Lage aber schon wieder
recht ruhig. Auf den Straßen war wenig los und wir bewegten uns nur im Auto
durch die Stadt, das war auch vor dem Aufbrechen des Konfliktes, die einzige
sichere Art der Vortbewegung in der Hafenstadt.
Oh, Strom kommt wieder. Licht an, Kerzen aus. Puh, das
war genug Atmosphäre.
Auch wenn die Lage ruhiger scheint ist das hochländische Personal des
Krankenhaus bis jetzt nicht zurückgekehrt und wird wohl auch erst nach dem
Weihnachtsurlaub zurückkommen. Die sieben Stationen des Krankenhaus werden
derweil von der Hälfte des Personals bedient. Schien aber trotzdem zu laufen.
Von den sieben Stationen, des 1958 gegründeten Krankenhauses, ist eine
für Männer, eine für Frauen, eine für Kinder, eine für Entbindung, zwei für
Tuberkulose und eine zur Entlastung, falls einer der anderen Stationen die
Betten ausgehen. Auf den Stationen, die nicht spezifisch für eine Krankheit
sind liegen Patienten mit den unterschiedlichsten in einem 20BettenSaal. Es
kann zum Beispiel ein Mann mit einem gebrochenem Arm neben einem mit einer
Lungenentzündung und neben einem mit einer Geschlechtskrankheit liegen.
Für die Versorgung der Kranken sind die Familien verantwortlich. Auf dem
Krankenhausgelände gibt es für die Angehörigen Möglichkeiten zu kochen,
sich zu waschen und zu schlafen. Die
pflegende Familien sind verpflichtet sich neben ihren Lieben auch um das
Gelände das Krankenhauses zu kümmern so wirkt es sehr gepflegt.
Ich wurde während meines Aufenthalts von Hannes und Sigrid, einer
deutschen Ärztin und ihrem Mann sehr
gut verpflegt. Sie genießen die schöne Landschaft in Finschhafen schon seit
einigen Jahren, so erklärt sich vielleicht ihre Freundlichkeit. Auch Janneke
habe ich wieder getroffen, sie hat für vier Monate auf der Kinderstation des
Krankenhauses gearbeitet. Sie fährt, weil ihr Programm nur für vier Monat
angelegt war, schon wieder nach Hause wenn ihr sie in Deutschland trefft seit
nett zu ihr es ist sicher nicht leicht PNG zu verlassen.
In meinen Landschaftbeschreibungen gehen mir langsam die Superlative
aus. Aber TamiIsland ist für mich noch eine Steigerung dessen was ich sonst in
Finschhafen sah. Einfach unbeschreiblich. Eine kleine Inselgruppe, die sich wie
auch das bergige Hinterland durch das tektonischbedingte Indiehöhewachsen von
Koralenriffen entstand, und heute circa 400 Menschen beheimatet. Es gibt nicht
wirklich viel um das man sich Sorgen kann. Die Fische springen quasi in den
Mund. Ich hab die zwei Tage die wir auf kleinen Insel verbracht haben damit
verbracht eine Sandburg zu bauen. Nach und nach habe ich dem Pazifik Land
abgerungen und damit versucht der von Platz- und Nahrungsmangel bedrohten
Bevölkerung etwas zu helfen.
Es scheint als gäbe es auch an
sorglosen Orten Sorgen.
Am Ende ist das Boot, das uns abholte über meine, auch künstlerisch sehr
wertvolle, Befestigungsanlage gefahren. Vielleicht wusste der Fahrer einfach
nicht wohin mit seiner Dankbarkeit.
Habt ihr mitbekommen, dass am 1.Dezember WeltAidsTag war? In Deutschland
habe ich das nie so recht mitbekommen. In PNG war das groß. Schon eine Woche
vorher waren an vielen Gebäuden Aidsschleifen zu sehen. Die offizielle Aidsrate
in PNG ist zwar noch vergleichsweise niedrig. Die allgemeine Bereitschaft sich
testen zu lassen ist aber relativ gering. Auf der Veranstaltung, die auf dem
Sportfest des Braun stattfand, war außerdem die Rede von einem relativ
sorglosen Sexleben und eine unvorstellbar hohe Zahl von Vergewaltigungen so das
eine wesentlich höhere Ansteckungsrate vermutet werden muss.
Mit Spielen wurden vor allem Kinder über die Krankheit aufgeklärt.
Verschiedene Gesundheitsorganisationen hatten ihre Zelte aufgeschlagen. Und
weil alle versammelt waren wurde auch eine andere Schlechtigkeit behandelt.
Zehn Verbrecher, die sich die Hände bei Raubüberfällen dreckig gemacht hatten,
wurden nach Abgabe ihrer selbstgebauten Gewehre freigesprochen. Der Staat
erkennt an, dass die ausweglose Situation in der diese Männer sich befanden,
ihnen keine andere Wahl ließ. Für mich eine eigentlich sehr gute Sache, ich bin
mir bloß nicht sicher um die Wege, die diesen Männern nach diesem Tag
ausgeschildert wurden.
Nach zwei wirklich beeindruckenden Wochen in Finschhafen kam ich am
Freitag nach Goroka zurück und ich kann sagen, dass sich das Einfahren entlang
des Flugfeldes sich ähnlich anfühlt wie die Fahrt über die Elbbrücken. Es war
ein schönes Nachhausekommen. Obwohl Rudolf, mit dem ich von Lae gekommen war,
und ich relativ spät auf den Hof des MI rollten waren fast alle Kollegen da.
Sie bereiteten das für den nächsten Tag anstehende Weihnachtsfest vor.
Rudolf und Cynthia hatten aus Dankbarkeit über die Unterstützung während
Cynthias Krankheit ein Schwein zur Verfügung gestellt alle anderen bereiteten
Beilagen vor. Als ich ankam lebte das Schwein noch. Wenig später war es schon
unter der Erde, nicht um die letzte Ruhe zu finden sondern um von kochendheißen
Steinen gegart zu werden. Ein Mumu. Bis in die frühen Morgenstunden hielten wir
Wache an der steinigen Ruhestätte. Neben dem Schwein bargen wir auch
Süßkartoffeln und Blattgemüse, ich fühlte mich wie Carter beim Ausheben einer
bedeutenden Grabkammer.
Das Fest war auch sehr schön. Die Tische gaben dem Gewicht der Speisen
fast nach entschieden sich dann im Angesicht, der Schönheit dieser aber doch
dazu die Zähne zusammen zu beißen. Ich habe keinen kleinen Magen und wenn es
darum geht neues zu probieren kann ich beim Essen unglaubliche Kräfte
entwickeln, aber ich habe es nicht geschafft alle Köstlichkeiten zu kosten.
Ich wünsche euch allen eine ähnlich üppige Weihnachtszeit und so viele
liebe Menschen zum teilen.
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