Mittwoch, 23. November 2011

Hoch Hinaus


Kennt ihr das Gefühl wenn ihr alles was ihr seht festhalten wollt, jeder Augenblick ein Foto wert wäre und euch in einem dieser Momente die Kamera den Dienst versagt.

So fühlte ich mich am Mt.Wilhelm. Zum Glück hatten zwei meiner Begleiter Kameras dabei und die Landschaft, die ich mit meinen Beschreibungen wahrscheinlich nur beleidigen kann, konnte digital verewigt werden.

Am Morgen des vergangen Samstag machte sich das Expeditionsteam auf den Weg nach Cimbu, die Hochlandprovinz mit dem höchsten Punkt PNGs. Teilnehmer waren außer mir, Vincent und Steven. Vincent ist ein Neffe von Cynthia. Die Jungs haben ein paar Wochen bei uns in Goroka verbracht, der Mount war ihr abschließender Höhepunkt bevor sie nach Australien reisten.
Als Expeditionsleiter hatten wir Joseph angeheuert, er ist am Fuße des Mt.Wilhelm geboren, spricht die Sprache der dort lebenden Menschen und war schon einige Male ganz oben in PNG.

In einem PMV (PublicMotorVehicle) ließen wir Goroka westwärts hinter uns. Innerhalb von zwei Stunden waren wir in der Hauptstadt Cimbus, Kundiawa. Die Stadt, die als zwielichtig gilt zeigte sich uns von ihrer süßen Seite. Während Joseph einen Auto organisierte, das uns in die Berge transportieren würde, saßen wir Heißgetränke schlürften in der wohl besten Konditorei der Südlichen Hemisphere und schlugen uns den Bauch mit Torte voll.

Auf dem zweiten Streckenabschnitt wurde das Verzehrte zu einem Tanz aufgefordert. Auf der gutbesetzten Ladefläche eines Pickups hoppelten wir eine Passstraße hoch, die ungefähr so gut ausgebaut war wie die Straße in den Sülfelder Tannen. Die Fahrt erinnerte mich an den Flugsimulator auf dem Dom. Víer Stunden wären da wahrscheinlich wesentlich teurer gewesen und und so nette Gespräche wie auf der Ladefläche habe ich im Flugsimulator noch nicht gehabt. Gut geschüttelt kamen wir also nach vier Stunden an der letzten Station vor der felsigen Wildnis an. Eine Dorf mit einer katholischen Mission. Eigentlich hatten wir geplant in einem der missionseigenen Gästehäuser zu übernacht, die waren leider ausgebucht. Wie Maria und Joseph in der Weihnachtsgeschichte zogen wir also weiter. Auch an der Tür der nächsten Herberge wurden wir abgewiesen. Immer weiter stiegen wir den steilen Weg, der zum Aufstiegspfad führt, hinauf. Ich hätte mich auf jeden Fall zu irgendwelchen Ochsen gelegt, aber da tauchte ein letztes Haus aus dem dichter werdenden Nebel auf. Wir hatten Glück, fanden einen Schlafplatz und eine warme Mahlzeit. Zum Nachtisch wurden Erdbeeren serviert, sie wachsen in der Umgebung. Wir schliefen früh, am nächsten morgen wollten wir früh zum Basislager aufbrechen. Dem drohendem Regen davonlaufen.

Als wir uns am frühen Morgen auf den Weg machten vermochten die Sonnenstrahlen nicht die immer noch dicke Nebelwand zu durchdringen, Blicke in die Landschaft blieben uns erstmal verwehrt. Der Weg führte anfangs durch einen dichten Wald, er war komfortabel mit Holzplanken bestückt und so lange man nicht in eine Pfütze trat sehr gemütlich.
Aus dem Urwald kamen wir in das Gebiet in dem damals wahrscheinlich „In einem Land vor unserer Zeit“ gedreht wurde. Ich weiß, dass das ein Zeichtrickfilm war aber ich hatte das Gefühl das jeder Zeit ein Dinosaurier hinter einem der Farngewächse hervor kommen könnte. In dieser Steppenlandschaft gab es quasi keinen Anstieg und wenn kam man an herrschaftlichen Wasserfällen vorbei. In den zwei Stunden die wir durch diese Landschaft wanderten zeigte sich uns leider kein urzeitliches Ungetüm.

Davon beruhigt machten wir es uns im Basislager gemütlich. Es gab Reis und Bohnen, die wir uns mit Blick auf einen kristallklaren, eiskalten See schmecken ließen. Wenn Ihr den Sean Penn-Film „Into the Wild“ gesehen habt. Der Protagonist hätte auch an diesem Ort, die Einsamkeit gefunden, die er in Alaska suchte. Ohne Bären.
Als die Wolken und der Nebel sich im Laufe des Nachmittags verzogen. Zeigten sich uns zum ersten mal die Berge, in denen wir am kommenden Morgen herumsteigen wollten. Monumentale Riesen, wunderschön und einschüchternd.
Der Gipfel des Mt,Wilhelm war noch nicht zu sehen und es erschien mir schon sehr gewaltig.
Ohne die Schlafsäcke, die wir daheim gelassen hatten war die Nacht erbärmlich kalt. Geschlafen hatte ich wenig als wir um zwei das Haus am See hinter uns ließen. Müdigkeit fühlte ich aber nicht als wir, durch die Dunkelheit bergauf stiegen. Die Umgebung die ich ausmachen konnte wirkte unwirtlich und schroff. Das Geräusch von rauschendem Gestein kam mir noch nie so bedrohlich vor. Es gab Passagen an denen ich wirklich fürchtete abzurutschen.

Aber wir schafften es ohne große Zwischenfälle zum Gipflel. Gerade rechtzeitig, kurz vor 6, die Sonne ging gerade auf. Es bot sich uns ein wirklich schöner, wenn auch durch Wolken etwas verschleierter Blick. Während der letzten Meter, der 4509 Metern sah man immer wieder Eis, auf der Spitze hielten wir es nicht länger als eine viertel Stunde aus.



Der Rückweg glich einem Gewaltmarsch. Den Weg den wir auf dem Hinweg in zwei Tagen bewältigt hatten liefen wir nun einem halben. Wir hatten uns vor genommen im Tal einen Bus zu erreichen und noch heute nach Goroka zurück zu kehren. Der Weg wirkte bei Tageslicht ganz anders als bei Dunkelheit. Erst dachte ich wir würden einen anderen Weg herabsteigen. Dann kamen wir aber  wieder an den gleichen Orten wie auf dem Hinweg vorbei.
Die einzige Rast des Rückwegs machten wir um unsere Rucksäcke aufzulesen, die wir im Basislager zurückgelassen hatten. Als wir um 13 Uhr den Ort erreichten an dem uns der Pick-up auf dem Hinweg rausgelassen hatte,schien es so als seien für heute alle Transporte in die Stadt abgefahren. Viele Leute, die wir nach einem möglichen Transport fragten boten uns stattdessen einen Schlafplatz an. Ich hätte ihn nur zu gerne angenommen. Die Jungs aber sollten in zwei Tagen von Goroka nach Australien fliegen. Also zogen wir weiter. Die Straße entlang auf der Suche nach jemandem, der uns mitnehmen würde.  Drei Jungs, die wir unterwegs trafen, hatten gehört, dass von der nächsten Missionstation noch ein Gemüsetransport nach Kundiawa gehen sollte. Sie spurteten los und schafften es tatsächlich, den Wagen aufzuhalten. Vielen Dank an dieser Stelle.
Der Fahrer erklärte sich dann sogar bereit uns ganz bis nach Goroka mitzunehmen. An Zwiebeln und Kohl geschmiegt konnte ich aber auf Grund des halsbrecherischen Fahrstil des Gemüsetransporters keinen Schlaf finden.
Auch die letzte Etappe des Rückwegs legten wir so in einem Bruchteil der Zeit zurück die wir auf dem Hinweg benötigt hatten. In Goroka drückte ich meine Bettdecke wie einen alten Freund und schlief wenige Augenblicke später ein.

Während meiner Abwesenheit hatte sich die neuinstallierte Satellitenschüssel, unser Portal ins WorldWideWeb, wieder verabschiedet. Ein Teil war durch gebrannt. Wir warten auf ein Ersatzteil aus Australien. 

Nachdem sich die Jungs sich am Donnerstag verabschiedet hatten kamen am Samstag Cynthia und Rudolf wieder, die zur Behandlung einer schweren Krankheit nach Australien geflogen waren. Cynthia ist jetzt zum Glück auf dem Weg der Besserung.

Am Freitag bevor die beiden zurückkamen richtete mein Fitnessstudio eine Weihnachtsfeier aus. In der Bar des Bird of Paradies Hotels, auf dessem Gelände sich der Fitnessraum befindet, trafen wir uns, ungefähr zehn Leute. Typisch weihnachtlich wurde Sushi, Pizza und frittiert Shrimps gereicht. Es gab freie Getränke und gute Gespräche. Ein schöner Abend.
Auch sonst ist PNG sehr weihnachtlich seit Anfang September kann man im Radio immer öfter Jingle Bells hören, ein Lied das ja zum Glück erst ab dem hundertsten Mal richtig schön ist.

Ein anderes Fest an dem ich teilnehmen durfte war das Erntedankfest der UnitedChurch. Die UnitedChurch von Papua-Neuguinea entstand 1968 als sich die London Missionary Society, die Presbyterinaer und die Methodisten von Papua-Neuguinea zusammenschlossen. Sie ist eine der über hundert unterschiedlichen Christlichen Kirchen in diesem Land. Sie gehört mit der ev.-lutherischen, der katholischen und der anglikanischen Kirche zu den so genannten MainlineChurches, und betreibt als solche das MI mit. Rev. Gaudi, ein Mitarbeiter von mir lud mich zum ThanksGiving ein und ich sagte natürlich nur zu gerne ja.
Es war ein großes Fest mit viel Essen, das geteilt wurde, mit Tanz und Musik.  Die  Gemeinden der UnitedChurch setzt sich hauptsächlich aus Menschen zusammen die aus dem Norden des Landes kommen, aus dem Gebiet, das Briten missioniert hatten. Neben der des guten Essen und der schönen Aufführungen bekam ich auch den lang ersehnten Herbsttag. Die Regenzeit kündigt sich in Goroka an, der Himmel öffnete seine Schleusen. Statt aber die Feierlichkeit enden zu lassen, tanzten und sangen die Menschen weiter und dankten für den Regen.

Umgezogen bin ich auch von dem charmanten blauen Haus, das ich wohl immer als mein erstes eigenes Haus im Herzen behalten werde, in eine Doppelhaushälfte, die sich aber auch auf dem Gelände des MI befindet. Das neue Haus ist etwas kleiner und etwas einfacher, das Leben in ihm genieße ich aber genauso. Bevor wir einzogen hatte eine unserer Wachhündin unter dem neuen Haus Welpen bekommen. Ein schönes Zeichen.        

Ich glaube ich hatte in einem früheren Bericht schon einmal angekündigt nach Finschhafen zu fahren, doch nun passiert es wirklich. Ich weiß mittlerweile, dass man Papua-Neuguinea nicht umsonst The land of the unexpected nennt, aber ich hoffe sehr stark,das es klappt. In Finschhafen soll ich für das dortige Krankenhaus eine Website erstellen. Ich freu mich. Janneke meine Mitfreiwillige wird da sein und mir wurde ein Trip auf eine paradiesische Insel versprochen.                       

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